Die Weltmeisterschaft in 2014 ist Geschichte und unsere deutsche Mannschaft hat auch eine solche geschrieben – eine wunderbare Erfolgsgeschichte. Es war allerdings alles andere als nur Zufall. Der Erfolg basiert auf verschiedenen Faktoren, die ich beobachtet, gelesen, gespürt habe. Gleichzeitig denke ich, können wir einiges für die Teamarbeit und ein Teamgefüge in Organisation insgesamt lernen. Meine Top 7 Erfolgsfaktoren:
1. Ein klarer und prägnantes Ziel
Wichtig für jedes Team ist eine Vision, ein Ziel, mit dem sich alle identifizieren und dafür brennen. Für diese Weltmeistermannschaft in Brasilien war für die Mannschaft das Ziel der Gewinn des Weltpokals – nach 24 Jahren „endlich“ endlich wieder in den Händen zu halten und sich den 4. Stern zu schnappen und an die Brust zu heften. Sehr visionäre und attraktive Ziele, überaus greifbar und auch sinnlich vorstellbar (die Vorstellung, den Pokal in der Hand zu halten, die Schwere zu spüren, das Gefühl Du hast es geschafft und der 4. Stern klar sichtbar für alle am Trikot). Darüber hinaus gab es als Bonbon die historische Chance, als erstes europäisches Team eine Weltmeisterschaft in Südamerika zu gewinnen. Diese Kombination verbunden mit der Erfahrung der letzten Jahre, wo das Team knapp am Gewinn dran war, aber nie den letzten Schritt gemacht hatte, übte eine ungeheure und fast magische Anziehungskraft aus. Was bedeutet das für die Welt außerhalb des Fußballs? Visionen und Ziele so formulieren, zeichnen, visualisieren, bildlich machen, dass sie solche Anziehung wie der Weltpokal oder der 4. Stern ausüben können. Phrasenhafte Sätze wirken deutlich weniger und sind oft austauschbar, gleichzeitig stark interpretierbar. Und die Identifikation? Noch schwieriger. Also lieber mehr Zeit in das Ausmalen der Visionen und Ziele stecken und weniger Zeit in der Formulierung sinnhafter und schöner Sätze – das fällt dann meist eh ab. Und wenn das Ziel oder die Vision erreicht ist? Dann gibt es neue Ziele – für unsere Mannschaft der Gewinn der EM-Trophäe in zwei Jahren in Frankreich.
2. Die Führungskraft – der Bundestrainer
Der Coach, unser Bundestrainer hat sich in den Wochen der WM als offener und menschlicher, erfolgsorientierter gezeigt. Es war zu spüren, der er aus den Erfahrungen der Vorjahre gelernt hat und sein Führungsstil justiert hat. Er hat mehr in die Mannschaft hineingehört und Antworten bekommen, diese eingebaut und damit das Wissen und die Kompetenz in Sachen „was für uns als Mannschaft gut ist“, in sein Führungskonzept und in die Aufstellung integriert. Die Mannschaft hat es ihm gedankt und ist ihm gefolgt. Es hatte den Eindruck, als da eine neue stärkende Qualität entstanden ist im Sinne „Du hast uns gehört, wir folgen Dir, weil wir überzeugt sind von Dir und Deinem Konzept. Gleichzeitig dürfen wir uns einbringen und unsere Stärken nutzen.“ Es ist ein wunderbares Beispiel von Führungs-moderation auf hohem Niveau – Konzept und Idee weiter verfolgen, die Vision und die Ziele im Blick, aber auf dem Weg Anpassungen erlauben – all das wirkte authentisch und kann als Beispiel für eine gute Teamführung herhalten. Was bedeutet das für die Welt außerhalb des Fußballs? Sicht nicht verbiegen und seine Ideen als Führungskraft verfolgen ohne stur und blind dem zu sein, was das Team sagt, was es braucht und wie es sich einbringen möchte. Und das bündeln und zu einem Gebilde formen bringt den Erfolg und ist auch die Erwartungshaltung vom Team an die Führung.
3. Die gelungene Generations- und Kulturmischung
Die Mischung aus sehr jungen (Anfang 20), jungen (Mitte 20) und erfahrenen Spielern (Ende 20) kann im Nachhinein als sehr gelungen bezeichnet werden. Natürlich ist es ein Glücksfall aus diesen verschiedenen Erfahrungslevel zu schöpfen. Gleichzeitig ist der Einfluss der verschiedene kulturellen Herkunft von den Spielern mit Migrationshintergrund sicherlich auch nicht vom Nachteil. Was bedeutet das für die Welt außerhalb des Fußballs? Ein Mix an Erfahrungswerte ist für jedes Team wertvoll. Wenn eine Mannschaft nur aus jungen oder nur aus erfahrenen Teammitglieder besteht, dann ist der Gefüge ungleich und zum Beispiel in Krisensituationen haben junge Teams nicht die Erfahrung – „wie reagieren und agieren?“. Die Kombination der Erfahrungen ist wertvoll und ist jederzeit in Veränderung, d.h. als Führungskraft in Organisationen ist es quasi eine tägliche Herausforderung, diese Balance zu finden bzw. zu halten.
4. Die gelungene Kompetenz- und Charaktermischung
Die Mischung der Generationen ist das eine, die Mischung an Spielertypen, an Kompetenzen und Stärken wie „kopfballstark“, „Kämpfer“, „Linksfuß“, „dribbelstark“, „laufstark“ etc. eine andere. Hier schien die deutsche Mannschaft auch eine sehr gute Mischung gefunden zu haben. Die Kombination der Stärken verbunden mit der Mischung an Charakteren, z.B. Stimmungsmacher, extrovertierte oder introvertierte Spieler. Ein Zeugnis der Idee eine gute Mischung zu finden, findet sich bei der Führungskraft Herr Löw in den Nominierungen, die teilweise überraschend waren. Beispiel Max Kruse: ein guter Spieler, der eine gute Rückrunde spielte, aber nicht überragend (Können) und gleichzeitig hatte die Mannschaft schon 2 mind. genauso gute Spielertypen. Somit hat das Gesamtgebilde die Entscheidung geprägt. Gleichzeitig schön zu sehen, wie Stärken gelebt und gefördert werden. Das auf Teams in Organisationen übertragen heißt auch, sich erst einmal die Stärken seiner Mitarbeiter bewusst sein oder bei der Auswahl von Mitarbeitern zu schauen, passen sie nicht nur fachlich (Können) sondern wie wird das Gesamtgebilde dadurch verändert und das Ziel erreicht werden kann. Und hier liegt auch ein Teil des Teamspirits begründet – Stärken kombinieren, so dass jeder seinen Platz findet und sich einbringen kann und möchte.
5. Können
Was auch außer gutem Teamspirit und Zusammenhalt nicht zu vernachlässigen ist, dass ist das Können der Spieler. D.h. ohne ein gewisses fußballerisches Talent und Können unseres Teams wäre der Erfolg kaum möglich gewesen. Es ist immer wieder zu sehen, dass der Zusammenhalt von Teams auch Berge versetzen und zum Erfolg und Sieg einer Mannschaft führen kann, wenn es sie auf der Könnenseite eigentlich unterlegen sind. Für eine Weltmeisterschaft wird das schon schwieriger und hier ist die Kombination entscheidend. Unsere Mannschaft war und ist sehr talentiert, hat sehr sehr gute Fußballer in ihren Reihen und fast alle Positionen konnten gleichwertig doppelt besetzt werden. Das war ein wichtiger Erfolgsfaktor – keine Abhängigkeit von einem Superstar wie Brasilien mit Neymar – sondern viele richtige gute Spieler, also alles kleine Superstars. Das macht eine Mannschaft stabiler und krisenfester bei Ausfällen oder unvorhergesehenen Ereignissen und es wird ein Credo kreiert „Wir sind stark auch wenn wir nicht alle an Bord haben.“ Im Prinzip gibt es ein großes Vertrauen, was die gegnerischen Teams auch spüren und das als Bedrohung oder Respekt empfinden.
6. Die Rahmenbedingungen
Die Rahmenbedingungen für den Erfolg in Brasilien sind sicherlich vielschichtig. Immer wieder wird das „Campo de Bahia“ genannt, die Unterkunft unserer Mannschaft in Brasilien. Eine interessante Idee, sich nicht mit Hotels zu arrangieren, die nur 60-70% der Bedürfnisse abdecken, sondern sich was „Eigenes“ zu kreieren. Die Idee der Wohngemeinschaften mit 6 Kickern und die Zusammensetzung der WG’s hatten zur Folge, dass sich die Fußballer besser kennen lernen konnten und zwar nicht nur als Fußballer, sondern auch als Menschen. Gleichzeitig gab es genügend Ablenkung, Raum für Privatsphäre und somit Rückzugsoptionen, um nicht immer in der Gruppe zu sein. Was bedeutet das für die Welt außerhalb des Fußballs? Wenn Teams zusammenarbeiten, dann braucht es genau das – Räume für Begegnung, Raum für’s Arbeiten (hier in diesem Fall der Fußballplatz) und Raum für Rückzug. D.h. wenn Firmen sich überlegen, welche Rahmenbedingungen können wir organisieren, damit unsere Mitarbeiter motiviert und mit Spaß miteinander arbeiten – dann kann hier Anleihe gezogen werden.
7. Lernen aus Erfahrungen
Ein wichtiger Baustein zum Erfolg in Rio waren die Erfahrungen der letzten Jahre und Turniere und vor allem das Lernen daraus. Was waren die Lernerfahrungen? Um nur zwei zu nennen: Das aus einer stabilen Defensive heraus es eine höhere Wahrscheinlichkeit gibt, Turniere zu gewinnen. Dass aufgrund der Unwägbarkeit von Verletzungen, Fitness, Sperren es von Vorteil ist, in der Breite des Kaders Klasse zu haben. Es wirkte so, dass die Führungsmannschaft und die Mannschaft selbst die richtigen Schlüsse aus den Niederlagen gezogen hat und vor allem bemerkenswert ist, nicht alles in Frage zu stellen, sondern zu schauen „Was war gut und was darf und muss bleiben?“ Und diese Elemente um die zu erweitern und ergänzen, um eine erfolgreiches Team zu formen. Letztlich glaube ich, dass der schwierige und zähe Sieg gegen Algerien im Achtelfinale eine gute Schule für das Finale gegen Argentinien war im Sinne „Wir können auch wenn es nicht rund läuft auf viele Dinge verlassen und können auch solche Spiele gewinnen, in denen wir nicht 100% von dem einbringen können, was wir als Potential haben.“ Und wenn ein Team soweit ist, dann ist es sehr schwer schlagbar. Auf die Welt außerhalb des Fußballplatzes bezogen, wird ein solches Team sehr erfolgreich sein in dem was es tut und wo es hin will.